Wenn aus Fremden Geschwister werden oder von Armbändern und Eulenpost
Ob Ironman, Marathon oder Jakobsweg – wenn Natascha Michel und Steffen Jakobi von sich erzählen, fällt sofort auf, dass sie die Leidenschaft teilen, aktiv zu sein. Und seit September 2017 verbindet sie noch etwas anderes: Steffens Stammzellen sind seit nunmehr 27 Monaten auch die von Natascha.
Die Geschichte der zwei ist eine ganz besondere. Denn Steffen Jakobi ist Natascha Michels Lebensretter. „Sie ist jetzt meine kleine Schwester“, lacht der 42-Jährige, „und ich ihr großer Bruder.“ Steffen ist glücklich, dass er helfen konnte – dass er mit der Spende seiner Stammzellen einem Menschen ein neues Leben schenken konnte.
Dabei wusste er nicht mal mehr, dass er sich vor Jahren hatte typisieren lassen … und schon gar nicht, dass er das in Bayern getan hatte. „Das war wohl irgendwie im Urlaub“, überlegt der Hesse, der vor zwei Jahren doch etwas verwundert war, als er die Post der Stiftung AKB in seinem Briefkasten in Frankfurt vorfand. Dass seine genetischen Merkmale auf die einer sehr kranken Person passen und er ausgewählt worden sei, seine Stammzellen zu spenden, sei „irgendwie schön“ gewesen, weil er helfen konnte. Und Steffen Jakobi war sofort klar, dass er seine Stammzellen spenden wollte. Er bereitete sich nach umfangreichen Untersuchungen mit Hormonspritzen auf die Spende vor. Und dann kam der Tag der Spende: Er fuhr nach München – allerdings nicht ohne vorher noch einmal zum Bayern-München-Spiel zu gehen – und ließ sich beim Bayerischen Roten Kreuz, Partner der Stiftung AKB, einige seiner gesunden Stammzellen für seinen ‚genetischen Zwilling‘ aus dem Blut filtern.
Natascha Michel, Steffens ‚genetische Zwillingsschwester‘, hingegen wartete bereits im Krankenhaus auf Steffens Stammzellen – mit der Hoffnung, die Leukämie zu besiegen und wieder gesund zu werden. Die Transplantation glückte, zunächst sah für Nataschas Genesung alles gut aus. Doch nach über zwei Monaten dann der Rückschlag, Nataschas Körper stieß Steffens Stammzellen ab. Und genau zu dieser Zeit bekam Natascha einen kleinen Brief mit einer besonderen Nachricht an sie. Die Stiftung AKB hatte ihr eine Botschaft von Steffen weitergeleitet: „DU MUSST KÄMPFEN. Jetzt erst recht“ stand auf dem Armband, das dort in dem Umschlag lag. „Ein totaler Gänsehautmoment war das für mich … für alle in meinem Krankenzimmer“, sagt Natascha heute, „sogar die Krankenschwestern an meinem Bett hatten Tränen in den Augen.“
Das Armband hatte Steffen kurz zuvor bei der Kinderkrebshilfe Frankfurt für seinen Lauf beim Ironman gekauft – und dabei immer wieder an seinen zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Stammzellen-Empfänger denken müssen. Spender und Empfänger sind 24 Monate lang anonymisiert, so schreibt es das Gesetz vor, doch auch ohne ihren Namen zu kennen, wollte Steffen Natascha die Botschaft weitergeben.
Und Natascha kämpfte. Sie wurde gesund.
Weihnachten 2017 bekam Steffen dann das schönste Geschenk, das er sich hatte vorstellen können: Post von Natascha. Sie war auf dem Weg der Besserung. Von dem Briefpapier schauten Steffen kleine Eulen an. Daraufhin gingen die Briefe nur so hin und her zwischen den beiden: Die „Eulenpost“-Empfänger konnten es kaum erwarten, wieder von einander zu lesen. Dabei war Natascha erst unsicher gewesen, wie und was sie in der „Eulenpost“ kommunizieren sollte. „Ich wusste erst gar nicht, was ich schreiben soll“, sagt Natascha heute, „ich hab ewig überlegt, was soll ich denn bloß sagen? Dass dann der erste Schritt von Steffen kam, hat da sehr geholfen.“ Heute möchte sie allen Empfängern und Spendern von Stammzellspendern Mut machen, über den eigenen Schatten zu springen und miteinander zu kommunizieren:
Traut euch, eurem Spender zu schreiben! Habt den Mut und meldet euch bei dem anderen!
Nataschas Botschaft an alle Empfänger von Stammzellen.
Natascha und Steffen lernten sich nach Ablauf der gesetzlich festgelegten anonymisierten Zeit persönlich kennen: Im Oktober vereinbarten sie ein Treffen auf halber Strecke in einem Café in Würzburg. Eulenplätzchen hatte Steffens Mutter extra für Natascha mitgegeben und seine Kinder hatten ein Video für ihre neue „Blutstante“ mitgegeben, in dem sie ein „Hoch“ von Tim Bendzko sangen. „Die Tränchen kullerten beinahe, es war ein wunderschöner Nachmittag. Gefühlt wie mit alten Freunden, die man seit Langem nicht mehr gesehen hat“, sagt Natascha über das Treffen mit ihrem Lebensretter.
Die zwei neuen „Blutsgeschwister“ nennen sich heute selbst Brüderchen und Schwesterchen und sind glücklich, dass es Natascha heute gut geht. Die nächsten Treffen sind schon geplant und im kommenden Herbst wollen die zwei am Leukämielauf in Regensburg teilnehmen, zusammen versteht sich.
Natascha engagiert sich heute selbst sehr für Leukämiepatienten und appelliert an alle gesunden zwischen 17 und 45 Jahren, sich typisieren zu lassen. „Es muss noch viel mehr solche Momente auf dieser Welt geben! Deshalb registriert euch! Werdet zum Helden für euren genetischen Zwilling! Rettet Leben!“
Jede Typisierung kostet die Stiftung AKB 35 Euro. Die Registrierungskosten werden komplett mit Spenden finanziert. Bitte hilf uns dabei mit Deiner Spende:
Spendenkonto der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern
Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg
IBAN: DE67 7025 0150 0022 3946 88
BIC: BYLADEM1KMS
Verwendungszweck: Spenden