„Stammzellen spenden – ratz-fatz vorbei!“

20. März 2020 von Cornelia Kellermann

Der Verein »Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg (EKK)– LICHTBLICKE e.V.« setzt sich seit 1985 für Familien mit krebskranken Kindern und Jugendlichen ein. Krebskranken Kindern soll durch eine maximale Versorgung wieder eine Zukunft gegeben werden. Durch die Schaffung einer heimischen Atmosphäre soll den kranken Kindern der Aufenthalt in der Klinik erleichtert werden. Die Betroffenen erhalten durch Kontakte und Gespräche mit anderen betroffenen Familien Unterstützung und bekommen durch den Verein Informationen und weitere Hilfeleistungen. Im Mildred-Scheel-Haus, das durch Spenden und Zuschüsse erbaut wurde und finanziert wird, haben Eltern und Geschwister von krebskranken Kindern wenigstens teilweise die Möglichkeit, ein Familienleben weiterzuführen. Familien krebskranker Kinder, die sich in einer finanziellen Notlage befinden, hilft der EKK LICHTBLICKE e.V. schnell und unbürokratisch. Des Weiteren wird durch den Verein die Krebsforschung und das Schwäbische Kinderkrebszentrum in Augsburg finanziell unterstützt.

Rund 2.200 Kinder und Jugendliche erkranken in Deutschland jährlich an Krebs, wovon fast 45 % das blutbildende System betreffen. Viele der betroffenen Kinder können durch eine Stammzelltransplantation geheilt werden. Dabei werden die kranken Blutzellen durch die gesunden Stammzellen eines passenden Spenders ersetzt. Steht in der Familie kein geeigneter Spender zur Verfügung, wird im weltweiten Spenderregister nach einem sogenannten Fremdspender gesucht. Obwohl schon mehr als 36 Millionen freiwillige Stammzellspender registriert sind, findet jeder fünfte Patient noch immer keinen passenden Spender. Abhilfe kann hier nur geschaffen werden, wenn sich noch viel mehr Freiwillige registrieren lassen.

Genau hier setzt das Engagement des EKK Lichtblicke e.V. an. Schon seit 2006 führt der Verein jährlich zusammen mit der Stiftung AKB eine Typisierungsaktion durch, um neue Stammzellspender für die Datei der AKB zu gewinnen. Dem Geschäftsführer des Vereins, Thomas Kleist, ist die Regionalität ein besonderes Anliegen.

„Wir haben uns bewusst dafür entschieden, mit der Stiftung AKB als bayerischer Institution zusammen zu arbeiten. Die Spender müssen nicht weit reisen, um ihre Stammzellen zu spenden und werden darüber hinaus bestens betreut.“

Thomas Kleist, Geschäftsführer EKK Lichtblicke e.V.

Herr Kleist stellt für die gemeinsamen Typisierungsaktionen jeweils das Mildred-Scheel-Haus zur Verfügung. Viele fleißige Helfer aus dem Verein unterstützen das Team der Stiftung AKB. Der Erfolg der Aktionen kann sich sehen lassen! Mehr als 3.000 Neuregistrierungen konnte die AKB durch die EKK-Aktionen verzeichnen, von denen bereits 31 tatsächlich schon Stammzellen gespendet haben und damit einem schwerkranken Menschen die Chance auf ein neues Leben geschenkt haben.

Einer dieser selbstlosen Lebensretter ist Maximilian, der Sohn von Herrn Kleist. Er hatte sich bei der Typisierungsaktion im Mildred-Scheel-Haus in Augsburg im Oktober 2016 ein Röhrchen Blut abnehmen lassen, um sich als Stammzellspender bei der AKB registrieren zu lassen. Ende September 2019 erreichte ihn der Anruf einer AKB-Mitarbeiterin, dass er als möglicher Stammzellspender infrage komme. Sein erster Gedanke war: „Krass, dass es mich getroffen hat!“ Für ihn stand eine Absage nie zur Diskussion, weshalb er sich ausführlich über das Thema informierte und dabei lernte, dass es zwei verschiedene Methoden der Stammzellspende gibt. Da die Gewebemerkmale eines Spenders routinemäßig nochmals mit denen des Patienten abgeglichen werden müssen, ließ sich Maximilian von der Schwester seines besten Freundes, einer Arzthelferin, Blut abnehmen. Nach der Bestätigung, dass die relevanten Werte übereinstimmen und dass er gesund ist, wurde er für „seinen“ Patienten reserviert. Für alle anderen Patienten konnte er in dieser Zeit nicht mehr ausgewählt werden. Eigentlich dachte er, dass „es sich damit erledigt hat“. Doch nach 5 Wochen kam der Anruf, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass ihn das Transplantationszentrum des Patienten gerne als Spender haben möchte. Zwei Personen aus seinem Freundeskreis hatten die Erfahrung der Stammzellspende bereits gemacht. Mit ihnen tauschte er sich intensiv aus. Sie bestätigten ihm, dass „das alles nicht schlimm“ ist. „Meine Eltern und meine Freundin haben sich mehr Gedanken gemacht als ich! Aber ich hatte keine Bedenken und wollte einfach nur dem kranken Menschen helfen“, erinnert er sich.

Mitte Januar fuhr Maximilian nach Gauting zur AKB, wo er von Kopf bis Fuß durchgecheckt wurde und in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch einem AKB-Arzt alle Fragen stellen konnte, die ihm auf der Seele brannten. Nachdem seine Spendertauglichkeit bestätigt war, wurde es spannend, denn etwa 2 Wochen später sollte die Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm stattfinden. Doch leider verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Patienten. Dann hieß es abwarten, denn die Spende wurde nur 5 Tage vor dem eigentlichen Termin auf unbestimmte Zeit verschoben.

„Als ich nach einem Monat erfuhr, dass der Patient nun doch transplantiert werden kann, habe ich mich sehr gefreut!“

Maximilian

Anfang März, an einem Sonntagnachmittag, wurde er in der Klinik in Gauting aufgenommen. „Meine Aufregung hielt sich noch in Grenzen, aber als ich am anderen Morgen um 6 Uhr aufwachte, merkte ich doch, dass ich nervös bin!“ Dann ging alles ganz schnell: um 7 Uhr kam die Krankenschwester und bereitete ihn auf den Eingriff vor, um 8 Uhr befand er sich schon im OP-Saal. „Als ich um kurz nach 11 Uhr aufwachte, fragte ich mich, ob schon alles vorbei ist? Es war die erste Vollnarkose meines Lebens. Was soll ich sagen, ich empfand es fast als schön und würde es jederzeit wieder machen!“ Erfreulicherweise mussten die Ärzte statt der geplanten 1,4 Liter nur einen Liter Stammzellmaterial entnehmen, weil das Präparat sehr viele Stammzellen enthielt.

Den Rest des OP-Tages verbrachte Maximilian in seinem Einzelzimmer, durchweg fürsorglich betreut durch das freundliche Klinikpersonal. Der AKB-Arzt schaute ebenfalls regelmäßig nach ihm und war mit dem Zustand seines Spenders sehr zufrieden. Die Einstichstellen am Becken machten sich nur wenig bemerkbar. „Es zwickt ab und an, aber das ist sehr gut auszuhalten. Ich brauche nicht mal Schmerzmittel. Verglichen mit dem, was der Patient erleiden muss, ist das gar nichts!“ Am nächsten Morgen durfte er nach einem Abschlussgespräch mit dem AKB-Arzt wieder die Heimfahrt antrete. Die kommenden Tage sollte er sich noch etwas schonen, um den Heilungsprozess der kleinen OP-Wunden nicht zu verlangsamen. „Mir ging es ganz schnell wieder gut. Insgesamt gesehen, hatte ich es mir viel schlimmer vorgestellt, als es am Ende war. Die Spende war ratz-fatz vorbei. Jetzt kann ich nur hoffen, dass ich meinem genetischen Zwilling helfen konnte und er ein neues und gesundes Leben vor sich hat.“

Maximilian wird anderen über seine Erfahrungen bei der Stammzellspende berichten und jeden motivieren, es ihm gleich zu tun:
„Krempelt die Ärmel hoch und lasst Euch typisieren – Ihr könntet der nächste Lebensretter sein!“