11. Oktober 2018 – München: Die Münchner Bank ruft zur Typisierung auf!

2. Oktober 2018 von Cornelia Kellermann

„Man investiert so wenig und kann damit ein Leben retten“

Heute ist Matin Mitterer verheiratet, hat zwei Kinder und geht mit Leidenschaft seinem Beruf als Arzt am Klinikum in Ebersberg nach. 2011 war das anders: Damals wusste er nicht, ob er die nächsten Monate übersteht. Nur dank einer Stammzellspende konnte er die Leukämie besiegen. Im Interview erzählt der 38-Jährige seine Geschichte und erklärt, warum es so wichtig ist, dass sich viele Menschen typisieren lassen.

 

Herr Mitterer, kann sich ein gesunder Mensch vorstellen, wie es ist, auf den passenden Stammzellspender zu warten?

Das ist schwer zu beschreiben. Bei mir war es so, dass ich schon 2006 an einem Lymphom, also Lymphdrüsenkrebs, erkrankt war. Das wurde mit einer Chemotherapie behandelt. Fünf Jahre später wurde dann die Leukämie erkannt, eine Nebenwirkung der Therapie. In meinem Körper war aber durch die frühere Behandlung schon so viel kaputt, dass keine weitere Chemotherapie mehr möglich war. Ein passender Spender war meine einzige Chance. Erst dachte ich, dass mein Bruder als Spender in Frage kommt, das hatten frühere Untersuchungen eigentlich ergeben. Aber dann hat er leider doch nicht gepasst und ich musste hoffen, dass sich irgendwo auf der Welt jemand hat typisieren lassen, der passt.

 

Im weltweiten Register sind ja schon 30 Millionen Menschen vermerkt. Warum ist es denn so wichtig, dass es noch mehr werden?

Viele Menschen haben, wie ich damals, nur durch eine Stammzelltransplantation eine Chance zu überleben. Meistens haben sie Leukämie oder auch eine andere Erkrankung des blutbildenden Systems. Durch eine Stammzelltransplantation kann man das System sozusagen resetten, damit sich wieder ein gesundes Immunsystem bildet. Leider wird aber immer noch für jeden fünften Patienten kein passender Spender gefunden. Das liegt daran, dass es von den Gewebemerkmalen, die zwischen Spender und Empfänger übereinstimmen müssen, sehr viele Kombinationsmöglichkeiten gibt. Gleichzeitig ist zum Beispiel ein eineiiger Zwilling aber auch kein perfekter Spender, weil die Merkmale sich dann schon wieder zu gleich sind. Das würde verhindern, dass die Immunzellen des Spenders die Krebszellen des Empfängers erkennen und zerstören. Man will also einen Spender, dessen Gewebemerkmale sehr ähnlich, aber nicht zu gleich sind. Um den für möglichst viele Patienten zu finden, braucht man eine sehr, sehr große Auswahl an potenziellen Spendern.

 

Für Sie wurde dann ja ein Spender gefunden. Wie fühlt sich dieser Moment an, in dem man eine solche Botschaft bekommt?

Meine Gewebemerkmals-Kombination ist zum Glück eine eher häufige. Da hatte ich von Anfang an keine so schlechten Chancen, dass ein Spender gefunden wird. Als mir dann gesagt wurde, dass es tatsächlich jemanden gibt, war ich natürlich erstmal sehr, sehr erleichtert. Ich wusste ja, dass ich ohne Therapie sterben würde. Auf der anderen Seite war mir in dem Moment aber auch klar, dass das Kind noch lange nicht geschaukelt ist, nur weil ein Spender gefunden wurde. Ich wusste, dass eine schlimme, belastende Zeit vor mir liegt.

 

Wie muss man sich diese Zeit denn vorstellen? Ist sie mit dem Aufwand für den Spender irgendwie vergleichbar?

Naja, ich würde sagen, das sind ein paar Tage grippeähnliche Symptome auf Spenderseite gegen einige Monate oder ein Jahr Überlebenskampf für den Empfänger. Bei mir ging es zum Glück ziemlich schnell, weil ich ansonsten gesund war: Ich konnte nach neun Wochen das Krankenhaus verlassen. Aber das ist natürlich eine sehr harte Zeit. Ich war neun Wochen lang quasi eingesperrt, konnte nur ab und zu das Zimmer für eine halbe Stunde verlassen. Auch als ich wieder zuhause war, hatte ich große Einschränkungen. Ich musste zum Beispiel wegen der Infektionsgefahr Lebensmittel immer innerhalb von 24 Stunden aufbrauchen und durfte nicht in öffentlichen Gebäude gehen. Und dann war da noch diese ständige Angst, dass die Leukämie zurückkommt.

 

Gab es Momente, in denen sie daran gezweifelt haben, dass sie jemals wieder so leben können wie heute, als Familienvater und Arzt?

Ja, besonders nach der Transplantation war es nicht so einfach, die ganze Zeit positiv zu denken. Das war schon eine krasse Zeit.

 

Stammzellspender und -empfänger werden oft auch „genetische Zwillinge“ genannt. Wie fühlt es sich an, so einen Zwilling zu haben?

Das ist schon sehr, sehr besonders. Meine Spenderin ist gebürtige Kroatin. Es ist schon eine verrückte Vorstellung, dass ihre Gewebemerkmale besser zu mir passen als die meines eigenen Bruders! Ich durfte meine Spenderin zum Glück nach zwei Jahren kennenlernen, weil sie seit 20 Jahren in Stuttgart wohnt. Leider erlauben nicht alle Länder den Kontakt. Als ich sie das erste Mal gesehen habe, waren wir uns gleich total verbunden. Ich war unglaublich dankbar. Sie hat mir das Leben gerettet, das kann man durch nichts aufwiegen! Wir haben immer noch Kontakt, heute ist Marina, so heißt mein genetischer Zwilling, sogar die Taufpatin meines Sohnes.

 

Nicht jeder Mensch kann wie Marina Stammzellspender werden. Aber auch Geldspenden helfen Leben retten. Warum?

Geldspenden sind für die Suche nach neuen Spendern sehr wichtig. Denn die Registrierung einer einzigen Person kostet schon 40 Euro. Da sind komplizierte Laboranalysen nötig. Wenn sich also zum Beispiel 1000 Menschen registrieren lassen, kostet das 40.000 Euro. So kommt bei einer Typisierungsaktion schon ganz schön was zusammen. Wenn man beispielsweise nicht mehr in dem Alter ist, in dem man Spender sein kann, kann man die Stiftung AKB trotzdem mit einer Geldspende in ihrer wichtigen Arbeit unterstützen.

Und egal, ob man Geld spendet, oder sich typisieren lässt und dann vielleicht Stammzellspender wird: Man investiert so wenig und kann damit einem Menschen das Leben retten!

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Am 11. Oktober 2018 findet bei der Münchner Bank eine große Typisierungsaktion statt, die Martin Mitterer gemeinsam mit seiner Familie unterstützt. Er freut sich auf zahlreiche neue potenzielle Spender und Geldbeiträge für den Kampf gegen Leukämie und andere Erkrankungen des blutbildenden Systems.

 

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Sandra Bindler, Vorstand der Münchner Bank eG, Schirmherrin

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